oder: richtige Antworten für den Mikromann
Kaum eine andere Zeit des Jahres hat so eine „Dichte“ an Festen, Bräuchen und Feiertagen, wie die Advent- und Weihnachtszeit. So viele davon sind für uns wichtig und schön, sie machen die dunkelste Zeit im Jahr stimmungsvoll und gemütlich.
Doch der Weihnachtsfestkreis hat auch ein paar „Ecken und Kanten“, die uns recht schnell mit großer Brutalität in die Realität unseres menschlichen Seins zurückholen. Eine dieser schmerzhaften „Ecken“ ist das Fest der unschuldigen Kinder, das in der katholischen Kirche am 28. Dezember gefeiert wird. Dieses Fest erinnert uns an den Bericht aus dem Matthäusevangelium, nach dem König Herodes in und um Betlehem alle Buben bis zu einem Alter von zwei Jahren töten ließ aus Angst vor der Machtergreifung durch einen neugeborenen
Messias-König, den ihm die Weissagung der Sterndeuter aus dem Orient, oder der Heiligen
Drei Könige, wie wir sie nennen, angekündigt hatte. Dieses Fest feiert die Kirche schon sehr
lange, schon der Heilige Augustinus, der im fünften Jahrhundert gelebt hat, lobt die Kinder als erste Märtyrer, erste Blutzeugen für Jesus Christus. Schon bald rankte sich ein reiches Brauchtum um diesen Tag, so war es im Mittelalter üblich, in Klosterschulen und Waisenhäusern das jüngste Kind an die Stelle des Abtes, des Leiters zu setzen, sodass es für einen Tag die Schule oder das Heim leiten sollte. Auch war es üblich, Kindern an diesem Tag Geschenke zu machen. Dieser Brauch wurde später auf den 6. 12., den Tag des Hl. Nikolaus verlegt und schließlich durch die Geschenke zu Weihnachten abgelöst.
Heute ist es in manchen Gebieten Österreichs noch üblich, dass die Kinder am 28. Dezember die Erwachsenen mit Birkenreisern schlagen dürfen. Dazu sagen sie den Spruch: „Frisch und g’sund, frisch und g’sund, lang leben und g’sund bleiben und a glücklichs Neujahr!“ Auch hat es sich in den letzten Jahren eingebürgert, dass in manchen Pfarren am 28. Dezember Kindersegnungen gefeiert werden.
Was aber ist am Fest der Unschuldigen Kinder bis heute relevant? Was können wir uns über die biblische Erzählung darüber hinaus mitnehmen?
Für mich ist das Fest heute so aktuell wie in allen Jahren seit Christi Geburt und davor. Bis heute sterben tagtäglich Kinder aus den unterschiedlichsten Gründen gewaltsam, sie sterben an Hunger, im Krieg, durch menschenunwürdige Arbeit, an Infektionskrankheiten, werden als Kindersoldaten oder in der Kinderprostitution zerstört. Und tausende werden, weil sie unerwünscht sind, getötet, bevor sie auf die Welt kommen dürfen. An alle diese unschuldigen Kinder will uns das Fest der ersten Märtyrer erinnern.
Weihnachten hat Ecken und Kanten. Wenn wir ihnen erlauben, unsere dicke Haut der Gleichgültigkeit zu durchdringen, gelingt es vielleicht, das Leben des einen oder anderen unschuldigen Kindes zu verändern.